Kinder sind manchmal einfach nur zu beneiden. Warum? Sie lernen unfassbar schnell. Und ganz besonders schnell – so scheint es mir –, wenn es um Bewegungen geht.
Dass dies so ist, durften der Skitrainer Jörg Knackstedt und ich (als langlaufende Nanny) Anfang Februar in Bayerisch Zell erleben. Der Anlass: ein dreitägiger Skilanglaufkurs für Kinder der Familiengruppe Bergsalamander. Wie wir darauf kamen? Die Idee zu dem Kurs entstand im Sommer 2017 auf dem Fläming Skate. Als ein Vater von seiner durch und durch positiven Erfahrung mit seiner Tochter berichtete: „Skilanglauf ist die natürlichste Bewegung für die Kinder auf Skiern. Und keiner kommt darauf, das zu machen. Alle geben ihre Kinder in die normale Skischule."
Ich muss sagen: Der Mann hat recht. Doch als wir Anfang Januar in der finalen Planung steckten, haben Jörg und ich das Ganze doch eher als ein Experiment angesehen. Denn weder Jörg noch ich wussten, ob man 6- bis 8-jährigen Kindern wirklich das Skilanglaufen beibringen kann.
Wie sich im Vorfeld des Kurses herausstellte, waren die logistischen Herausforderungen fast noch größer als die didaktischen ... denn in der in der Planung zeigte sich, dass das DAV-Haus Spitzingsee für die Kinder nicht optimal an ein Trainingsgelände angebunden war. Für den tollen Parcours in der Nähe der Albert Link Hütte hätten wir nach einem kurzen Stück Bus noch mehr als 15 Minuten laufen müssen. Wir fanden: für die Kinder, die dann gleichzeitig noch ihre Skier tragen müssen, unnötiger Stress. Sie verlieren ggf. die Laune, bevor es losgeht. In Bayerisch Zell waren die Bedingungen optimal – allerdings war dieser Ort verkehrstechnisch schlechter angebunden.
Mit dem Auto 15 Minuten – mit der Bahn fast 1,5 Stunden. Und wir waren – wie es auch der DAV empfiehlt – fast alle mit der Bahn angereist. Was nun?
Ich habe mich gefragt, warum unsere Sektion für derartige Zwecke nicht einfach 3-4 VW-Busse hat (keine Sorge, wir hätten nur 1 gebraucht).
Die Bedingungen in Bayerisch Zell waren optimal. Mehrere Übungsloipen nebeneinander, ein Skiverleih, ein Bistro mit warmem Kakao. Und Sonnenschein!
Am ersten Tag haben wir erst im tiefen Schnee, dann in der Loipe geübt. Viel gespielt, viel Nase geputzt, auch mal Tränen getrocknet. Und immer wieder parallele Technik, dann wieder Doppelstockschub. Hin und her. Drei Stunden lang. Mit einer Pause mit warmem Tee im Schnee – und einem Mittagessen hinterher. Das Learning: Es war gut, dass für die 5 Kinder nicht nur der Trainer, sondern auch ich als Nanny dabei war. Denn manchmal braucht es einfach etwas Zeit und Ansprache.
Am zweiten Tag wollten wir das Gelernte wiederholen und dann eine Abfahrt üben. Allerdings hatten wir die Rechnung ohne den Wetterbericht gemacht. Während der Autofahrt wurde noch aus fünf Kinderkehlen gesungen, aber als wir zur Startzeit um 9:00 Uhr ankamen, waren es in Bayerisch Zell -10 Grad. Nach wenigen Schritten in der Loipe mussten sich erst die Kleinsten beim Kakao aufwärmen, dann die Größeren. Aber als alle wieder auf den Brettern standen und die Sonne herauskam, wollte keiner mehr aufhören den Berg hinaufsteigen – und ihn wieder herunterzufahren. Hat also geklappt.
Der dritte Tag war für die Abschlusstour vorgesehen, auf der Kinder und Eltern zusammenfahren sollten (und wollten). Und das Wetter war uns gewogen! Wundervoller Sonnenschein! Kaum Wind!
Was wir gelernt haben: Während eines Kurses kann man mit unterschiedlichen Niveaus operieren. Aber es ist schwer, die unterschiedlichen Leistungsniveaus auf einer Tour zu verbinden. So musste der Trainer auf der Abschlusstour doch noch einmal als „Babysitter" herhalten. Er hatte einfach die meiste Power, das kleinste Kind – gerade 5 Jahre alt – am Seil in der Loipe hinter sich herzuziehen, konnte so aber die größeren nicht gleichzeitig anleiten.
Die Kinder hatten viel Spaß – dank Jörg, der sich so gut auf sie und ihre Bedürfnisse eingelassen hat. Und Langlaufen? Das ist Sport! Das ist Naturerlebnis! Das ist einfach unfassbar schön! Das haben auch die Kinder bestätigt.
Und so durfte ich das selbst auch noch einmal ausführlich genießen. 14 Tage später am Ochsenkopf. Als ich dort – wiederum mit dem Trainer Jörg – war, um selbst an einem Kurs teilzunehmen. In diesem Moment habe ich die Kinder wirklich beneidet. Wie schnell sie sich neue Bewegungen richtig aneignen können und wie schwer es im Erwachsenenalter ist, Bewegungsmuster zu ändern ... das ist einfach Wahnsinn.
Manchmal, wenn ich von dem Kurs erzähle, begegnen mir fragende Blicke im Sinne von „müssen denn Kinder das wirklich schon lernen". Nein, müssen sie nicht. Aber so viel ist sicher: es macht ihnen Spaß – und es ist einfach ein riesiger (Bewegungs-)Schatz, den wir den Kindern auf diese Weise mitgeben dürfen.
Daher ist es auch richtig und wichtig, Angebote für Kinder zu machen – wobei es wünschenswert wäre, dass dies nicht nur für Kinder aus Familien der Familiengruppe beschränkt wäre, sondern dass es Angebote gäbe, die für alle Kinder aus der Sektion offen sind.
Ute Bertelsmann
Zum Newsletter-Archiv