Seit Jahren gehört eine Woche Klettern in alpinen Mehrseillängentouren zu meinem Sommerprogramm. Das ist nicht nur eine Woche voller sportlicher Herausforderungen, sondern auch die perfekte Auszeit - von der Familie. Wir waren natürlich schon wandern, im Harz, in der Sächsischen Schweiz, im Schwarzwald. Zum Klettern nehme ich die Kinder auch seit einiger Zeit mit. Aber noch nie war ich mit meinen Kindern in den Alpen. Zugegeben, sie sind noch etwas kleiner, aber bisher passte das für mich irgendwie nicht zusammen. Das sollte sich nun endlich ändern: mit einer Alpinwoche mit den Bergsalamandern auf der Sulzenauhütte im Stubaital.
Die Hütte hat mehrere große Vorteile für Familien: Sie ist mit Bahn und Bus von Berlin aus gut erreichbar, die Zustiege sind abwechslungsreich und mit 2 bis 2,5 Stunden Laufzeit an einem Tag machbar. Und es gibt eine Materialseilbahn, die das umfangreiche Gepäck direkt von der Bushaltestelle bis zur Hütte transportiert.
Am ersten Abend, noch im Tal, machten wir eine kleine Wanderung und stießen auf den WildeWasserWeg. Vor allem zahlreiche Infotafeln, zum Teil richtige Kunstwerke rund ums Wasser, zeichnen diesen neu angelegten lohnenden Weg aus. Vorbei an Walderdbeeren und Heidelbeeren ging es zum eindrucksvollen Ruetz-Katarakt. Hölzerne Plattformen führten uns direkt zu den Stromschnellen und Wasserfällen. Das Wasser hat solch eine Kraft, es braust und rauscht, die Luft ist gefüllt mit kleinen feinen Wassertropfen. Auch die nächsten Tage sollte uns der WildeWasserWeg begleiten. So beginnt der Aufstieg zur Sulzenauhütte am Grawa-Wasserfall, einem weiteren Höhepunkt des touristischen Wanderwegs.
Ungefähr auf der Hälfte des Aufstiegs liegt die Sulzenaualm mitten in einer schönen Almlandschaft. Eine nagelneue Brücke und riesige Schuttlawinen zeugten von den zerstörerischen Kräften des Wassers, die im Vorjahr gewütet hatten. Nach einem warmen Marillenkuchen ging es weiter, über zahlreiche Kehren, über Wurzeln und Steine springend nach oben. Endlich auf der Sulzenauhütte, wurden wir herzlich empfangen und schlugen unser Lager im Nebengebäude auf.
In den nächsten Tagen unternahmen wir mit den Kindern zahlreiche Wanderungen. Lohnende Ziele waren die Seen der Umgebung, aber auch jeder Wasserlauf, jede Brücke wurde zum Abenteuer. Weit musste man mit den Kindern nie laufen. Ständig gab es etwas zu sehen. Große Steine, noch größere Steine, Steinmännchen. Besonders beliebt waren auch Kaulquappen und Frösche. Sogar einen Adler haben wir gesehen. Mit den größeren Kindern haben wir einen versicherten Steig getestet und eine Anhöhe des Stubaier Höhenwegs, das Niederle, erreicht. Mein persönlicher Höhepunkt war die gemeinsame Wanderung zum Sulzenauferner, dem Gletscher rund zwei Stunden oberhalb der Hütte. Markierungen zeigten den Rückgang des Gletschers in den letzten zwanzig Jahren. Direkter kann man nicht erfahren, was Klimaerwärmung bedeutet. Die Eltern haben sich den Aperen Freiger (anstrengend) oder den abenteuerlichen Klettersteig durch die Sulzenauschlucht direkt bei der Hütte vorgenommen.
Leider ging die Woche zu schnell vorbei. Bei schönstem Wetter verabschiedeten wir uns von den Hüttenleuten und stiegen gemeinsam ab. Im Tal, bei der Grawa-Alm gab es für alle noch Kaffee oder Eis, dann kam der Bus und es hieß Abschied nehmen von den Bergen.
Ich war erstaunt, wie viel Freude unsere Kinder an den einfachen Dingen haben können – Wasser, Steine, Tiere. Und wie trittsicher und unglaublich stark sie sind und was sie schaffen können, wenn sie das alles gemeinsam mit Freunden erleben können. Also, ich gehe nächstes Jahr wieder in die Alpen, mit den Kindern und mit den Bergsalamandern.
Marion Laube
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